Die Odyssee des grimmigen Kuckucks.

Ein Drama in 3 Akten

Vogel

1. Akt: Der kleine Besucher.

Schauplatz: Die Wohnung der Eltern

Es geschah an einem sonnigen Nachmittag im Frühsommer, als plötzlich (alles für den Spannungsbogen) ein grimmig guckender Vogel durch die Terrassentür unter den Wohnzimmertisch flog. Er war klein, sehr klein und piepste. Offensichtlich fühlte er sich fehl am Platz. Die Naturschutz-Aktivistin in mir fasste sich ein Herz und bugsierte ihn wieder raus, nur wie? Weil man Tierkinder nicht anfassen soll, bekam das Manuskript “Philipp Mayring – Qualitative Inhaltsanalyse” doch noch einen Sinn und wurde zur Vogel-Trage-Unterlage umfunktioniert. Vogel draußen, alles gut.

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2. Akt: Der Fall in den doppelten Boden

Schauplatz: Unter der Terrasse

Wie es sich bei guten Dramen gehört, stieg jedoch die Handlung tragisch. Minuten später hörte ich nur noch piepsen, aber kein flattern. Wo war der kleine Freund? Suizidaler Sturz von der Terrasse? Gefangen in Mutters Blumen? Gerettet durch Vogelmama? Nein. Es kam wie es kommen musste, nach langem akustischen Suchen fand ich ihn. (Wer den retardierenden Moment findet, darf ihn behalten). Unter. UNTER den Terrassenplanken. Sein Flug in die Freiheit endete mit dem Sturz in die Katakomben der Terrasse, Ausweg ausgeschlossen. Panik erfüllte mich, in den 10 cm unter den Holzplanken würde er qualvoll zu Grunde gehen. Ich musste helfen, schließlich piepste er sich lautstark in mein Herz. Feuerwehr? Nabu? Rausriss der Terrasse? Alles keine Option. Doch dort, unter dem Tisch befand sich ein loses Stück Holz, das einzige Tor zur Welt unseres kleinen Heros. Nur wie bringt man einen Vogel dazu, einmal quer unter einer 20qm Terrasse lang zu stolzieren um wieder ins Freie zu kommen? Essen, Trinken, Singen? Singen! Ein Hoch auf YouTube. Das Video “Fantastische Vogelstimmen” ersetzte offensichtlich seine Artgenossen und brachten ihn der Freiheit näher und dank der Küchenkelle auch wieder ans Tageslicht.

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3. Entspannung auf der Hollywoodschaukel

Schauplatz: Freiheit

Entgegen aller gängigen Dramen haben wir es hier mit einem Happy End zu tun. Nach dem harten Freiheitskampf entspannte er kurz auf der Hollywoodschaukel, pfiff sein Lied und verschwand in den Abend.

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Farewell, kleiner Freund!

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